Qurais

(f) Stamm des Propheten (s.) (vgl. Sura 106).

Die Qurais sind ein großer, einflussreicher Stamm in Makka, zu dem die Sippe des Hasim, die Banu Hasim und die Sippe des Umayya, die Banu Umayya, gehören.

Zwischen den beiden Sippen, den beiden am meisten angesehensten des Stammes, besteht eine alte Rivalität.

Den Banu Hasim entstammt Muhammad (s.). Da die Sippe ihn während der Verfolgungen in Makka schützt, insbesondere sein Onkel Abu Talib, werden die Anhänger des Islam drei Jahre lang aus Makka vertrieben und verbannt.

Die Banu Hasim werden auch “Haschimiten”, die Banu Umayya werden auch “Umayyaden” genannt.

Zu den Banu Umayya gehören beispielsweise Abu Sufyan, Muawyia (r) und Uthman (r).

Die Quraisch rechneten sich genealogisch zu den Kinana und lebten zunächst wohl in der Umgebung der von den Banu Chuzaa beherrschten Stadt.

Qusayy führte die Quraisch nach Makka und siedelte sie um die Al-Kaba, und den Zamzam-Brunnen an.

Im Spannungsfeld von Byzanz, Persien und Äthiopien gelang es ihnen, aus Makka ein blühendes Handelszentrum zu machen. Ausgeführt wurden vor allem Leder, Gold und Parfums; im Transithandel kamen aus dem Yemen Weihrauch und asiatische Stoffe, aus Afrika Elfenbein und Sklaven, aus dem Mittelmeerraum u. a. Waffen und Getreide. Die Karawane, die pro Jahr zweimal nach Syrien zog, soll zuweilen über 2000 Lastkamele gezählt haben. Der Geldverleih, oft zu Wucherzinsen, spielte dabei naturgemäß eine große Rolle, und falsch spekuliert zu haben, konnte Ansehen und Reichtum einer ganzen Sippe kosten.

Eine weitere Quelle des Reichtums in dieser klimatisch an sich mörderischen Stadt bildeten die Wallfahrten der umliegenden Stämme zur Al-Kaba.

Zur Zeit des Propheten (s.) waren die Abdschams (unter Führung Abu Sufyans) und die Banu Machzum (unter Führung von Abu Dschahl) die reichsten und aufgrund der Qualitäten ihrer Führer auch politisch wichtigsten Sippen. In einer Ratsversammlung aller Sippenhäupter wurde über die Allgemeinheit betreffende Fragen entschieden. Einige Sippen scheinen gewisse Monopole im Handel errichtet zu haben; so sollen etwa die Abdschams vor allem den Handel mit Äthiopien in Händen gehabt haben, Haschim mit Syrien, Abdulmuttalib und Banu Machzum mit Südarabien und Naufal mit dem Irak. Ein Bündnissystem mit den Stämmen, durch deren Gebiete die Handelsstraßen führten, sicherte den Weg der Karawanen und sorgte im Kriegsfall für verbündete Truppen. (Rtt)

Bei Ibn Ishaq wird folgendes berichtet: Der Islam begann sich in Makka unter den Männern und Frauen der quraischitischen Stämme auszubreiten, obwohl die Quraisch, soweit es in ihrer Macht stand, die Muslime einsperrten und vom Glauben abzubringen suchten. Eines Tages bei Sonnenuntergang versammelten sich die führenden Männer der Quraisch an der Rückseite der Al-Kaba und sprachen zueinander: Lassen wir doch Muhammad holen und unterhalten wir uns mit ihm, damit man uns später keine Vorwürfe machen kann! Die Edlen deines Volkes, so ließen sie ihm ausrichten, haben sich deinetwegen versammelt, um mit dir zu sprechen. So komme zu ihnen! Schnell eilte der Prophet, Allahs Segen und Friede auf ihm, herbei, da er glaubte, sie hätten ihre Meinung über seine Worte geändert.

Er wollte ja nichts lieber, als sie auf den rechten Weg bringen, da ihr sündhaftes Verhalten ihn schmerzte. Nachdem er sich zu ihnen gesetzt hatte, sagten sie: Muhammad! Wir haben dich holen lassen, um mit dir zu reden; denn wir kennen wahrlich keinen anderen Mann unter den Arabern, der soviel Unheil über sein Volk gebracht hat wie du. Du hast unsere Väter beschimpft, unsere Religion geschmäht, unsere Götter beleidigt, unsere Tugenden lächerlich gemacht und unsere Gemeinschaft gespalten. Es gibt keine Gemeinheit, die du uns nicht angetan hast. Wenn du dies tust, weil du Geld willst, so sind wir bereit, dir von unserem Vermögen soviel zu geben, dass du der Reichste unter uns wirst. Ist es Ehre, nach der du verlangst, so machen wir dich zu unserem Führer. Ist es ein Königreich, das du möchtest, machen wir dich auch zum König über uns. Wenn du glaubst, dass du von einem Geist besessen bist, der immer zu dir kommt, so werden wir unser ganzes Vermögen für dich aufwenden, um dir eine Arznei zu suchen, die dich von ihm befreit.

Nichts von alledem möchte ich, erwiderte der Prophet, Allahs Segen und Friede auf ihm, und fuhr fort: Was ich euch bringe, bringe ich nicht des Geldes, der Ehre oder gar der Herrschaft wegen, sondern Allah hat mich als Propheten zu euch gesandt und mir eine Schrift offenbart. Er hat mir befohlen, Freudenbote und Warner für euch zu sein. Ich habe euch die Botschaft meines Herrn gebracht und guten Rat erteilt. Nehmt ihr meine Worte an, so wird es euer Glück im Diesseits und im Jenseits sein. Lehnt ihr sie ab, so will ich geduldig Allahs Ratschluss erwarten, bis Er zwischen uns richtet.

O Muhammad, antworteten sie, du weißt, dass kein anderes Volk ärmer an Land und Wasser ist und ein härteres Leben führt als wir. Wenn du schon keines unserer Angebote annimmst, dann bitte doch für uns deinen Herrn, der dich mit deiner Sendung beauftragt hat, Er möge uns diese Berge wegbewegen, die uns einschließen, möge unser Land eben machen, möge darin Flüsse wie im Irak und in Syrien entspringen lassen und möge unsere verstorbenen Ahnen erwecken, damit wir sie befragen können, ob du die Wahrheit sprichst oder nicht. Bestätigen sie deine Worte und kannst du bewirken, worum wir dich gebeten haben, so glauben wir dir, kennen deinen Rang bei Allah und wissen, dass er dich, wie du sagst, als Propheten gesandt hat.

Dies ist nicht der Inhalt meiner Sendung, entgegnete Muhammad (s.), sondern mit meiner Offenbarung wurde ich zu euch gesandt. Nehmt ihr sie an, so wird es euer Glück im Diesseits und im Jenseits sein. Weist ihr sie zurück, so will ich geduldig Allahs Entscheidung abwarten.

Wenn du dies nicht für uns tun willst, bedrängten sie ihn weiter, so tue etwas für dich! Bitte deinen Herrn, dir einen Engel an die Seite zu stellen, der deine Worte bestätigt und uns widerlegt. Bitte Ihn auch, Er möge dir Gärten und Schlösser, goldene und silberne Schätze schaffen, um dir zu geben, was du offensichtlich brauchst. Denn du gehst auf dem Markt deinen Geschäften nach wie wir und musst dir deinen Lebensunterhalt suchen, wie wir es tun. Dann würden wir erkennen, welchen Vorrang und welche Stellung du bei deinem Herrn genießt, wenn du wirklich ein Prophet bist, wie du behauptest. Als ihnen der Prophet, Allahs Segen und Friede auf ihm, darauf die gleiche Antwort gab wie zuvor, fuhren sie fort: So lasse den Himmel in Stücken auf uns herabfallen, wie es nach deiner Behauptung dein Herr tun kann, wenn Er es will. Nur wenn du dies vermagst, werden wir an dich glauben.

Dies liegt bei Allah!, gab der Prophet, Allahs Segen und Friede auf ihm, zurück, wenn Er es mit euch tun will, wird Er es tun.

Da wandten sie ein: Wusste dein Herr denn nicht, dass wir uns mit dir zusammensetzen, dir diese Fragen stellen und unsere Forderungen an dich richten würden? Er wäre doch sonst zu dir gekommen und hätte dir erklärt, was du uns hättest erwidern können, wenn wir deine Worte nicht annehmen. Wir sind dir gegenüber ohne Schuld, Muhammad. Wir werden dich nicht in Ruhe lassen, und du wirst mit uns nicht fertig werden, bevor nicht du oder wir vernichtet sind. Und einer von ihnen fügte hinzu: Wir beten die Engel, die Töchter Allahs an. Und ein anderer sprach: Wir werden so lange nicht an dich glauben, als du uns nicht Allah und die Engel als Bürgen gebracht hast.

Nach diesen Worten erhob sich der Prophet, um zu gehen.

Da stand auch Abdullah Ibn Abi Umayya auf, der Sohn einer Tante Muhammads, und wandte sich zu ihm: Dein Volk hat dir Vorschläge gemacht, aber du hast keinen angenommen. Sie haben dich gebeten, etwas für sie zu tun, damit sie erkennen, welchen Rang du bei Allah innehast, um an dich glauben und dir folgen zu können, aber du hast nichts getan. Dann haben sie dich gebeten, etwas für dich selbst zu tun, wodurch sie hätten erkennen können, welchen Vorzug vor ihnen du bei Allah genießt, aber du hast nichts getan. Schließlich haben sie dich gebeten, ihnen schon jetzt einen Teil der Strafe zukommen zu lassen, mit der du ihnen in deiner Offenbarung Angst machst, aber du hast nichts getan. Wahrlich, ich werde nicht an dich glauben, bevor ich nicht gesehen habe, wie du auf einer Leiter zum Himmel emporsteigst und mit vier Engeln zurückkommst, die bezeugen, was du sagst. Ja, wahrscheinlich werde ich nicht einmal dann an dich glauben.

Mit diesen Worten verließ er den Propheten. Muhammad (s.) kehrte zu seiner Familie zurück, traurig und bekümmert, weil seine Hoffnungen, die er in ihre Einladung gesetzt hatte, vergebens gewesen waren, und weil er hatte erfahren müssen, dass sie sich nur noch mehr entfremdet hatten.

Nachdem der Prophet, Allahs Segen und Friede auf ihm, aus der Versammlung weggegangen war, sprach dort Abu Dschahl: Männer von Quraisch! Ihr habt gesehen, dass Muhammad nicht damit aufhören will, unsere Religion, unsere Väter, unsere Tugenden und unsere Götter zu verunglimpfen. Ich schwöre, ich werde ihn morgen mit einem Stein so groß, dass ich ihn kaum heben kann, erwarten. Und wenn er sich beim Gebet niederbeugt, werde ich ihm damit den Schädel einschlagen. Es ist mir gleich, ob ihr mich dann ausliefert oder beschützt. Die Abdmanaf sollen dann tun, was sie wollen.

Sie versprachen ihm, man werde ihn nicht ausliefern, und bestärkten ihn noch in seinem Vorhaben. Am nächsten Morgen nahm Abu Dschahl einen Stein, wie er ihn beschrieben hatte, setzte sich nieder und wartete auf den Propheten. Dieser kam und betete, während die Quraisch in ihrer Versammlung saßen und warteten, was Abu Dschahl tun würde. Als Muhammad (s.) sich im Gebet niederbeugte, nahm Abu Dschahl den Stein und ging auf den Propheten zu. Als er aber in seine Nähe kam, machte er fluchtartig kehrt. Sein Gesicht hatte die Farbe verloren und war erfüllt von Entsetzen. Seine Hände hatten sich verkrampft, und der Stein war ihm entfallen. Abu Dschahl, was hast du? riefen die Quraisch. Ich ging auf ihn zu, doch als ich in seine Nähe kam, so erwiderte Abu Dschahl, trat mir ein Kamelhengst entgegen mit einem Kopf, einem Nacken und Zähnen, wie ich sie noch nie an einem Hengst gesehen habe. Er wollte mich fressen.

Später hat der Prophet, Allahs Segen und Friede auf ihm, erklärt, es sei dies Dschibril (Gabriel) gewesen und er hätte Abu Dschahl gepackt, wenn er noch näher gekommen wäre.

Darauf erhob sich Nadr Ibn Al-Harith und sprach: Männer von Quraisch! Es ist etwas über euch gekommen, woraus ihr keinen Ausweg wisst. Muhammad war ein junger Mann, den ihr alle sehr gern hattet, dessen Worten ihr völlig vertraut habt und der unter euch als der Zuverlässigste galt. Als ihr dann seine Schläfen ergrauen saht und er mit seiner Verkündigung kam, nanntet ihr ihn zuerst einen Zauberer; doch ein Zauberer ist er nicht; denn wir kennen die Zauberer und haben gesehen, wie sie auf ihre Knoten spucken. Dann nanntet ihr ihn einen Hellseher (Kahin) ; doch auch ein Hellseher ist er nicht; denn wir kennen die Hellseher, ihr Verhalten und ihre gereimte Sprache. Dann nanntet ihr ihn einen Dichter, doch auch ein Dichter ist er nicht; denn wir kennen die Dichtung und ihre Meister. Dann nanntet ihr ihn einen Besessenen, doch auch ein Besessener ist er nicht; denn wir kennen die Besessenheit, und er zeigt weder das bezeichnende Ersticken noch das Einflüstern, noch die geistige Verwirrung. Männer von Quraisch! Achtet auf euch. Schlimmes ist über euch gekommen.

Nadr, der dies sagte, war einer jener Teufel unter den Quraisch, die den Propheten beleidigten und angriffen. Er war in Al-Hira im Irak gewesen und hatte dort die Geschichten über die persischen Könige, über Rostam und Isfandiyar kennengelernt. Und als der Prophet, Allahs Segen und Friede auf ihm, einmal in einer seiner Versammlungen an Allah erinnert und sein Volk vor der göttlichen Heimsuchung gewarnt hatte, die die Alten Völker vor ihnen traf, war Nadr, nachdem der Prophet, Allahs Segen und Friede auf ihm, geendet hatte, mit den Worten aufgestanden: Wahrhaftig, ihr Männer von Quraisch, ich kenne bessere Geschichten als er. Kommt her zu mir! Ich erzähle euch eine schönere Geschichte. Und nachdem er ihnen von den persischen Königen, von Rostam und Isfandiyar erzählt hatte, hatte er sie gefragt: Inwiefern ist nun Muhammad (s.) ein besserer Geschichtenerzähler als ich?

Diesen Nadr schickten nun die Quraisch zusammen mit Uqba Ibn Abi Muait, zu den jüdischen Rabbinern nach Yathrib, um sich bei ihnen nach Muhammad zu erkundigen, ihnen den Propheten zu beschreiben und ihnen von seinen Worten zu berichten. Denn, so sprachen sie, sie sind das erste Volk mit einer heiligen Schrift, und sie verstehen von Propheten mehr als wir. Die beiden taten, wie ihnen geheißen, und baten schließlich die Rabbiner in Yathrib: Ihr seid die Leute der Thora, und wir sind zu euch gekommen, damit ihr uns sagt, was wir mit diesem Mann tun sollen. Fragt ihn, so begannen die Rabbiner, nach drei Dingen, die wir euch auftragen! Kann er euch darüber berichten, ist er ein Prophet. Kann er es nicht, ist er ein Lügner. So macht euch eure eigene Meinung über ihn.

Als erstes fragt ihn nach jungen Männern, die in alter Zeit verschwanden; denn es gibt von ihnen eine wundersame Geschichte. Dann fragt ihn nach dem Wanderer, der das Ende der Erde gen Sonnenaufgang und gen Sonnenuntergang erreichte. Und schließlich fragt ihn nach dem Wesen der Seele. Gibt er euch Antwort darüber, so folgt ihm; denn dann ist er ein Prophet. Anderenfalls ist er ein Lügner. Macht dann mit ihm, was ihr für richtig haltet. Die beiden Männer kehrten nach Makka zurück und berichteten den Quraisch, was die Rabbiner gesagt hatten. Darauf begaben sie sich zu Muhammad (s.) und stellten ihm die drei Fragen. Er versprach, ihnen am nächsten Tag zu antworten, vergaß jedoch “inschaa-llah” (wenn Allah will) hinzuzufügen. Zwei Wochen vergingen, ohne dass Allah ihm über die Fragen eine Antwort eingab.

Schließlich streuten die Makkaner Verleumdungen aus und sprachen: Muhammad hatte uns auf den folgenden Tag vertröstet. Nun aber sind fünfzehn Nächte verstrichen, ohne dass er uns auch nur eine Frage beantwortet hat. Den Propheten (s.) ergriff große Trauer darüber, dass die Offenbarung ausgeblieben war, und auch die Reden der Makkaner bekümmerten ihn sehr. Doch dann kam Dschibril und überbrachte ihm die Sura “Die Berghöhle”, in der Allah ihn wegen seiner Trauer tadelte und ihm die Antworten auf ihre Fragen über die jungen Männer, den Wanderer und den Geist gab.

Die Makkaner erkannten es als die Wahrheit. Sie merkten, dass seine Worte richtig waren und dass er den Rang eines Propheten besaß, da er ihnen auf ihre Fragen verborgenes Wissen offenbart hatte. Aber ihr Neid hinderte sie daran, ihm zu folgen und an ihn zu glauben. Sie blieben anmaßend gegen Allah, übergingen ganz offensichtlich Seinen Befehl und beharrten weiter auf ihrem Unglauben.

Einer von ihnen sprach: Hört nicht auf diesen Quran! Betrachtet ihn als törichtes Gerede, vielleicht bleibt ihr dann siegreich. Wenn ihr aber mit Muhammad nur einen Tag lang disputiert und streitet, wird er euch besiegen. (Rtt)