Einleitung
Mit dieser Sura kommen wir nun zu einer Gruppe von sieben makkanischen Suren, die sich mit Allahs Offenbarung durch Natur, Geschichte und Münder der Propheten befassen, und auf das Jenseits hinweisen. Es geht für die Ungläubigen über ihr Verständnis hinaus, dass sie – nachdem sie zu Staub geworden sind, wieder auferstehen werden. Dabei müssen sie nur auf Seine Schöpfung sehen, und daraus schließen, dass Allahs Macht sich über alle Dinge strecken kann. So wie Er einer toten Erde neues Leben schenkt, so ist Er imstande, unsere Auferstehung herbeizuführen. Lerne auch daraus, wie die Leute in der Vergangenheit, die Allah ablehnten, getilgt wurden. Jede Tat, jedes Wort und jeder Gedanke werden von zwei Engeln aufgezeichnet. Die Frucht der guten Taten ist das Paradies, während die Frucht des Bösen das Höllenfeuer.
Qaf. Beim ruhmvollen Qur’an! (50:1)
50:1 – Über die Bedeutung dieses arabischen Buchstaben “Qaf” vgl. Erläuterung der Termini (s.u. “Alif”). Es kommt anschließend der Schwur bei dem Qur’an, der aus Buchstaben besteht, ähnlich dem Qaf, der seinerseits den ersten Buchstaben im Wort Qur’an darstellt. Der Qur’an wird als ruhmvoll bezeichnet, weil er das Wort Allahs, des Erhabenen, ist.
Aber sie staunen, dass zu ihnen ein Warner aus ihrer Mitte gekommen ist. Und die Ungläubigen sagen: ”Das ist eine merkwürdige Sache. (50:2)
50:2-4 – Die Götzendiener in Makka staunten darüber, dass der Gesandte Allahs, der sie warnen sollte, einer von ihnen war. (vgl. 9:128-129; 25:7, 20). Sie staunten ferner darüber, weil sie die Auferstehung von den Toten für ein Phantasieprodukt der Botschaft hielten. (vgl. 10:4; 21:104; 30:11; 37:16; 85:13).
Wie? Wenn wir tot sind und zu Staub geworden sind (dann sollen wir wieder auferweckt werden)? Das ist eine Wiederkehr, die weit abseits liegt.“ (50:3)
Siehe 50:2
Wir wissen wohl, was die Erde von ihnen wegnimmt, und bei Uns ist ein Buch, das alles aufzeichnet. (50:4)
Siehe 50:2
Nein, sie haben die Wahrheit, als sie zu ihnen kam, für eine Lüge erklärt, und nun befinden sie sich in einem Zustand der Verwirrung. (50:5)
50:5 – Ein Zeichen ihrer Verwirrung war, dass sie sich nicht darüber einigen konnten, was sie über Muhammad (a.s.s.) sagen sollten. Einmal behaupteten sie, er sei Dichter, ein anderes Mal er sei verrückt. Andere behaupteten, er sei ein Zauberer, andere wieder, er sei Wahrsager, und keine dieser Behauptungen war haltbar. (ÜB)
Haben sie nicht zum Himmel über ihnen emporgeschaut, wie Wir ihn erbaut und geschmückt haben und dass er keine Risse aufweist? (50:6)
50:6-11 – Die Verleugner der Botschaft sind hier gemeint. Der Himmel mit seiner Schönheit und Präzision ist vor ihren Augen ein von vielen Wunderzeichen der göttlichen Schöpfung. Darüber hinaus (vgl. oben 50:6) gilt die Erde, auf der wir leben und ihre herrliche Schöpfung erleben, als ein weiteres Zeichen der Macht Allahs. Die Erwähnung der Ausbreitung der Erde verrät ihre Form; denn nur durch diese Form wird die unendliche Wanderung auf ihrer Oberfläche möglich. Die festen Berge haben darüber hinaus ihre Funktion als Stabilisatoren, damit die Erde während ihrer Rotation nicht aus ihrer Laufbahn wankt. (vgl. 13:3; 15:19; 22:5). Da die Menschen ein Teil dieser Schöpfung sind, ist ihre Aufklärung über ihren Lebensraum und Ermahnung durch diese Botschaft über ihr Dasein erforderlich, damit sie nicht wie Tiere herumvegetieren und am Tage der Abrechnung nicht ahnungslos da stehen: Das Wasser und seine Rolle gehören ebenfalls zu den wunderbaren Zeichen der Schöpfung. Ähnlich wie die Belebung der toten Erde durch das Wasser, ist die Auferstehung, über die auch die Aufklärung und Ermahnung erforderlich sind. (vgl. dazu 30:24).
Und die Erde – Wir haben sie ausgebreitet und feste Berge darauf gesetzt; und Wir ließen auf ihr all die herrlichen Paare hervorsprießen (50:7)
Siehe 50:6
als Aufklärung und Ermahnung für jeden Diener, der sich bekehrt. (50:8)
Siehe 50:6
Und vom Himmel senden Wir Wasser hernieder, das voll des Segens ist, und bringen damit Gärten und Korn zum Ernten hervor (50:9)
Siehe 50:6
und hochragende Palmen mit dicht stehenden Fruchtscheiden (50:10)
Siehe 50:6
als Versorgung für die Diener; und Wir beleben damit ein totes Land. So wird die Auferstehung sein. (50:11)
Siehe 50:6
Schon vor ihnen leugneten das Volk Noahs und das Volk des Brunnens und die Thamud (50:12)
50:12-15 Auf Grund der vorangegangenen Aufklärung und Ermahnung (vgl. oben 50:8) werden hier Beispiele der verflossenen Generationen und deren Schicksale genannt, damit die Götzendiener in Makka eine Lehre daraus ziehen könnten. (vgl. 2:49-50; 7:80-84; 11:25-48; 15:59-84; 25:38; 26:123-158; 44:37). Die Leugner unter den Banu Quraisch würde also das gleiche Schicksal ereilen, wenn sie sich gegenüber der Botschaft Allahs ähnlich und ablehnend verhielten wie diese früheren Völker, die vernichtet wurden. (vgl. 15:78-79 und die Anmerkung dazu; ferner 46:33).
und die ‘Ad und Pharao und die Brüder des Lot (50:13)
Siehe 50:12
und die Waldbewohner und das Volk von Tubba‘. Alle diese haben die Gesandten der Lüge bezichtigt. Darum war Meine Drohung in Erfüllung gegangen. (50:14)
Siehe 50:12
Sind Wir denn durch die erste Schöpfung ermüdet? Nein, aber sie sind sich nicht im Klaren über eine neue Schöpfung. (50:15)
Siehe 50:12
Und wahrlich, Wir erschufen den Menschen, und Wir wissen, was er in seinem Innern hegt; und Wir sind ihm näher als (seine) Halsschlagader. (50:16)
50:16- Der Erhabene Schöpfer kennt gut Seine Schöpfung. Er kennt das Verborgene und ist dem Menschen noch näher als seine Halsschlagader. Durch diese Erklärung erfahren wir von der engen Beziehung zwischen Allah (t) und Seinen Geschöpfen. Wir Muslime dürfen unseren Allmächtigen Herrn unmittelbar anrufen und Ihn zu jeder Zeit und in jeder Lage ohne Papst und Priester als “Vermittler und Vertreter Gottes auf Erden” bitten und anflehen. Dieser Vers korrigiert die falsche Vorstellung über den “unnahbaren und unerreichbaren Gott der Muslime”, die die Kirchenväter und Orientalisten verbreiten.
Wenn die zwei aufnehmenden (Engel etwas) niederschreiben, zur Rechten und zur Linken sitzend (50:17)
50:17-19- Die Engel sind mit der Aufzeichnung der Taten des Menschen beauftragt und befinden sich ständig zur Rechten und zur Linken ihres Gefährten, bis die Benommenheit des Todeskampfes eintritt. Hierdann ist das Buch über die Taten abgeschlossen, und zwar mit Ausnahme der Wohltaten, die nach dem Tod hinaus dauern und von denen die Menschen profitieren. Zur Registrierung solcher Taten bleibt das Buch über den Todeszeitpunkt hinaus offen. Unser Prophet (a.s.s.) hat gesagt: ”Wahrlich, ein Mensch spricht ein Wort, welches Allah liebt, und denkt dabei nicht an den großen Segen, den es ihm bringt. Wegen dieses Wortes bleibt Allah mit ihm zufrieden bis er zu Ihm zurückkehrt. Und ein Mensch spricht ein Wort, das Allah verabscheut, und denkt dabei nicht an seine schlimmen Folgen. Er zieht damit den Zorn Allahs auf sich, bis er zu Ihm zurückkehrt. (Ha im Musnad). (vgl. dazu 56:27, 41). Darüber hinaus muss noch bemerkt werden, dass bloße Gedanken, solange sie nicht ausgesprochen oder gar in die Tat umgesetzt werden, nicht der Rechenschaft unterliegen. (vgl. ferner 82:11).
, spricht er kein Wort aus, ohne dass neben ihm ein Aufpasser wäre, der stets bereit (ist, es aufzuzeichnen) (50:18)
Siehe 50:17
und es kam die Benommenheit des Todeskampfes in Gerechtigkeit: ”Das ist es, dem du zu entrinnen suchtest.“ (50:19)
Siehe 50:17
Und es wird in den Sur gestoßen: ”Dies ist der Tag der Drohung.“ (50:20)
50:20-22 – Mit einem Posaunenstoß schlägt die Stunde der Wahrheit. Hier dann wird es soweit sein mit der angedrohten Rechenschaft, welche die Ungläubigen einst leugneten. Jeder Mensch wird von zwei Engeln begleitet, und zwar von dem Engel, der ihn zu seinem Ziel treibt, und von dem Engel, der Zeugnis über seine Taten ablegt. (vgl. 17:13-14 und die Anmerkung dazu).
Und jede Seele ist gekommen; mit ihr wird ein Treiber und ein Zeuge sein. (50:21)
Siehe 50:20
”Wahrlich, du warst dessen ahnungslos gewesen; nun haben Wir deine Augenbinde von dir genommen, so dass dein Blick heute scharf ist.“ (50:22)
Siehe 50:20
Und sein Gefährte spricht: ”Hier (ist), was ich bereit habe.“ (50:23)
50:23-29 – In 50:21 (s. oben) wird verallgemeinert, dass jede Seele von einem Treiber und einem Zeugen geführt wird. Hier handelt es sich aber um die Lage von bestimmten Menschen, und zwar von denjenigen, die im Höllenfeuer bestraft werden. Die beiden begleitenden Engel, liefern den Leugner der Wahrheit in seinem Bestimmungsort, im Höllenfeuer ab. Der Befehl Allahs an die beiden, ihn begleitenden Engel, wird dann lauten: ”Werft ihr beide in Dschahannam einen jeden undankbaren Hartnäckigen, den Behinderer des Guten, den Übertreter, den Zweifler, der einen anderen Gott neben Allah setzte. Werft denn ihr beide ihn in die schreckliche Pein!“ Durch diese Beschreibung begreifen wir die Begründung der Bestrafung, die wir mit aller Kraft vermeiden sollen. Der “Gefährte” wird hier als derjenige erwähnt, der diesen elenden Menschen verführte und zu seinen Untaten anspornte. Unser Prophet (a.s.s.) sagte zu seinen anwesenden Gefährten: ”Es gibt keinen Menschen, der nicht von einem Ihm zugeteilten Gefährten begleitet wird.“ Und die Anwesenden fragten: ”Wirst auch du von einem Gefährten begleitet?“ Er antwortete: ”Ja selbst ich. Nur hat Allah mir so lange gegen ihn geholfen, bis er sich Allah ergab. Er regt mich nur noch zum Guten an.“ (ÜB)
”Werft ihr beide in Dschahannam einen jeden undankbaren Hartnäckigen (50:24)
Siehe 50:23
, den Behinderer des Guten, den Übertreter, den Zweifler (50:25)
Siehe 50:23
, der einen anderen Gott neben Allah setzte. Werft denn ihr beide ihn in die schreckliche Pein!“ (50:26)
Siehe 50:23
Sein Gefährte spricht: ”O unser Herr, ich verführte ihn nicht zur Empörung, sondern er selbst ging zu weit in die Irre.“ (50:27)
Siehe 50:23
Er spricht: ”Streitet nicht vor Mir, wo Ich euch doch die Warnung im Voraus gesandt hatte. (50:28)
Siehe 50:23
Das Wort wird bei Mir nicht abgeändert, und Ich bin in nichts ungerecht gegen die Diener.“ (50:29)
Siehe 50:23
An jenem Tage sprechen Wir zu Dschahannam: ”Bist du angefüllt?“ und sie spricht: ”Gibt es noch mehr?“ (50:30)
50:30-35 – Der Erhabene Schöpfer spricht zu Seinen Geschöpfen und diese beantworten Seine Fragen. Während die Verbrecher und Tyrannen im lodernden Feuer vergebens um Hilfe schreien, herrscht bei den Gottesfürchtigen Friede und Genugtuung. Mit liebevollem Willkommen werden sie im Paradies empfangen. In diesem Versblock handelt es sich um die bekannte Parallelität des Qur’an. D.h., dass jedesmal, wenn Allah (t) von der Belohnung der rechtschaffenen Diener im Paradies spricht (vgl. 38:49-54), berichtet Er von der Bestrafung der Ungläubigen, und zwar aus dem Prinzip der Barmherzigkeit und der Gerechtigkeit zugleich, weil die Botschaft stets diese Eigenschaft hat: Als frohe Botschaft und als Warnung. (vgl. 24:31; 35:18; 36:11).
Und das Paradies wird den Gottesfürchtigen nahe gerückt, (und es ist) nicht länger fern. (50:31)
Siehe 50:30
”Das ist es, was jedem von euch verheißen wurde, der reumütig war und sich in Acht nahm (50:32)
Siehe 50:30
; der den Allerbarmer im geheimen fürchtete und mit reuigem Herzen (zu Ihm) kam. (50:33)
Siehe 50:30
Geht darin (ins Paradies) ein in Frieden. Dies ist der Tag der Ewigkeit.“ (50:34)
Siehe 50:30
Sie haben darin, was immer sie begehren, und bei Uns ist noch weit mehr. (50:35)
Siehe 50:30
Und wieviele Geschlechter haben Wir schon vor ihnen vernichtet, die schlagkräftiger waren als sie und im Lande umherzogen! Gab es da ein Entrinnen? (50:36)
50:36-37 – Der Vers behandelt die Lage der Götzendiener in Makka zur Zeit der Offenbarung und erwähnt die Generationen vor ihnen, die von Allah (t) vernichtet wurden, obwohl sie mächtiger und schlagkräftiger als diese Makkaner waren. (vgl. 12.14).
Hierin liegt wahrlich eine Ermahnung für den, der ein Herz hat oder zuhört und bei der Sache ist. (50:37)
Siehe 50:36
Und wahrlich, Wir erschufen die Himmel und die Erde und das, was zwischen beiden ist, in sechs Tagen, und keine Ermüdung berührte Uns. (50:38)
50:38 – Dieser Vers betont Allahs Allmacht, die jeder wahrnehmen kann. Allah erwähnt mit Nachdruck die Erschaffung der Himmel und der Erde in sechs Tagen. Die Tageslänge kann nach irdischem Maßstab von 24 Stunden oder nach dem Maßstab Allahs von 1000 bzw. 50000 Jahren unserer Zeitrechnung sein. (vgl. 22:47; 32:5; 70:4; ferner 7:54; 35:35; 41:12).
So ertrage geduldig, was sie sagen, und lobpreise deinen Herrn vor dem Aufgang der Sonne und vor dem (Sonnen-)Untergang (50:39)
50:39-40 – Wir sollten zu allen Zeiten Allahs gedenken. Die beste Zeit für die Andacht und Lobpreisung ist jedoch der frühe Morgen vor dem Sonnenaufgang, spät am Tag vor dem Sonnenuntergang und ein Teil der Nacht, wenn Stille herrscht. Wer dies mit den fünf Pflichtgebeten in Verbindung bringen möchte, bezieht es auf das Morgengebet vor dem Sonnenaufgang, Mittags- und Nachmittagsgebet vor Sonnenuntergang und Abend- und Nachtgebet während der Dunkelheit. Dscharir Ibn ‘Abdullah (r) berichtete: ”Wir saßen bei dem Propheten, als er zum Vollmond schaute und sagte: »Ihr werdet vor eurem Herrn stehen und Ihn dann sehen wie ihr den Mond jetzt seht, ohne dass ihr durch den Anblick zu Ihm Schaden erleidet. Wenn es euch also gelingt, kein Gebet vor dem Sonnenaufgang und vor dem Sonnenuntergang zu verpassen, dann verrichtet es!«“ (Bu, Ha, Mu).
; und lobpreise Ihn in einem Teil der Nacht und (jeweils) im Anschluss an die Niederwerfung. (50:40)
Siehe 50:39
Und lausche am Tage, wenn der Rufer von einem nahen Ort (zum Jüngsten Gericht) rufen wird. (50:41)
50:41-44 – Dieser Befehl Allahs zur Auferstehung entspricht Seinem Befehl: “Sei!” (vgl. 11:67; 36:49-53). Die Toten werden von allen Richtungen herbeieilen, um dem Ruf Folge zu leisten. (vgl. 84:1-4).
Der Tag, wenn sie in Wahrheit den Schrei hören werden – das wird dann der Tag der Auferstehung sein. (50:42)
Siehe 50:41
Wahrlich, Wir allein machen lebendig und lassen sterben, und zu Uns ist die Heimkehr. (50:43)
Siehe 50:41
An dem Tage, wenn sich die Erde spalten und sie (die Toten) freigeben wird, worauf sie (aus ihr heraus) eilen, dann wird ein Versammeln vor sich gehen, (das) für Uns ganz leicht (ist). (50:44)
Siehe 50:41
Wir wissen am besten, was sie sagen; und du hast keine Gewalt über sie. Ermahne darum durch den Qur’an den, der Meine Drohung fürchtet. (50:45)
50:45 – Es ist nicht die Aufgabe des Propheten (a.s.s.), die Menschen zum Glauben an irgendetwas zu zwingen. Seine Aufgabe besteht vielmehr darin, die Botschaft des Qur’an zu übermitteln und diejenigen zu ermahnen, die bereit sind, die Ermahnung anzunehmen. Mit diesem prägnanten Vers endet diese schöne Sura, die im ersten Vers mit dem Buchstaben “Qaf” als Symbol für den Qur’an und seinen Segen eröffnet wurde – und alles Lob gebührt Allah, Dem Herrn der Welten.