Einleitung
Diese Sura wurde nach sechs Jahren nach Beginn der ersten Offenbarung, also etwa im siebten Jahr vor der Hidschra offenbart, als das Persische Reich die Oberhand über das Byzantinische Reich hatte. Historisch gesehen hat seinerzeit das Byzantinische Reich Jerusalem an die Perser verloren, und die Christen als Leute der Schrift, hatten eine große Niederlage erlitten, ein Ereignis, das die Muslime betrübt hat. Ein Teil dieser Sura bezieht sich auf das Byzantinische Reich. Das Wachstum und der Verfall der Weltmächte seinerzeit, wie durch den Konflikt vom Byzantinischen und persischen Reich dargestellt, sind nur äußerliche Erscheinungsformen. Der tiefere Sinn ist, dass ein bestimmter Anlass aufgrund Allahs Willen geschieht, um der guten Sache zu helfen, sodass all Seine Geschöpfe davon in den Genuss kommen können. Allah (t) ist Allwissend, Allgnädig. Auf diese Art wird Er schließlich am Tage des Jüngsten Gerichts das Gute vom Bösen trennen. Das Gute wird bleiben, während das Schlechte dahinschwinden wird. Allahs Schöpfung weist auf Seine Macht hin. Unsere Schöpfung aus Staub ist eine gottgekonnte Sache in sich selbst. Das Bestehen von biologischen Begleiterscheinungen bei den Menschen, wie Schlafen, Sehen usw., weist ebenso auf den Schöpfer hin. Trotz der Unterschiede von Sprache, Hautfarbe der Menschen, gibt es eine unterschwellige Einheit. Gehorche Allah (t) und folge Seinen Weisungen. Denn Er ist der Eine. Seine Religion, der Islam, ist eine einheitliche Glaubensform, die Er für uns gewollt hat. Spalte die Muslime nicht in Sekten. Unsinn und Böses verbreiten sich, aber Allah (t) wird am Ende alle Dinge klarstellen, so wie Er die Luft reinigt, indem Er den Wind wehen lässt. Die Schuldigen werden bestraft. Tue Gutes und sei geduldig.
Alif Lam Mim. (30:1)
30:1 – Über die Bedeutung dieser arabischen Buchstaben vgl. Erläuterung der Termini (s.u. “Alif”).
Besiegt sind die Byzantiner (30:2)
30:2-7: Dies ist eine Voraussage der Schlacht von Badr, die acht Jahre später im Ramadan des Jahres 2 n.H. (Januar 624 n.Chr.) stattfand. Kurz vor der Offenbarung dieser Qur’an-Verse wurde Jerusalem, die unter der Herrschaft der byzantinischen Christen stand, von den heidnischen Persern erobert. (Zwischen dem Fall von Jerusalem [614-615 n.Chr.] und dem byzantinischen Sieg bei Issus [622 n.Chr.] lagen sieben Jahre, und bis zum Vordringen des Kaisers Heraklios ins persische Reich vergingen neun Jahre). Deshalb waren die heidnischen Makkaner über diesen Sieg sehr erfreut; denn sie wähnten sich siegreich über die Muslime, gleich wie die Perser über die christlichen Byzantiner. Aber sie missdeuteten die Zeichen der Zeit. Hier wird ihnen im Qur’an mitgeteilt, dass sie in beiden Erwartungen enttäuscht werden würden. Diese Verheißung ging dann auch bei der Schlacht von Issus und im Jahre 624 n.Chr. in Erfüllung, als Heraklios bis in die Mitte des persischen Reiches vordrang, und bei der Schlacht von Badr, wo die heidnischen Makkaner von den Muslimen zurückgeschlagen wurden. Die Schlacht von Badr war für die Muslime ein wirklicher Grund zur Freude (Über den Sieg der Christen über die Götzendiener, da die ersteren den Gläubigen näher stehen als die letzteren) und ein Grund zur Enttäuschung für ihre Gegner, die der Meinung waren, sie könnten den Islam vernichten.
in dem nahen gelegenen Land, doch sie werden nach ihrer Niederlage siegen (30:3)
Siehe 30:2
in wenigen Jahren – Allahs ist die Herrschaft vorher und nachher, und an jenem Tage werden sich die Gläubigen freuen (30:4)
Siehe 30:2
über Allahs Hilfe. Er hilft, wem Er will; und Er ist der Allmächtige, der Barmherzige. (30:5)
Siehe 30:2
(Das ist) die Verheißung Allahs – Allah bricht Seine Verheißung nicht; allein die meisten Menschen wissen es nicht. (30:6)
Siehe 30:2
Sie kennen nur die Außenseite des diesseitigen Lebens; das Jenseits aber beachten sie nicht. (30:7)
Siehe 30:2
Haben sie sich denn über sich selbst keine Gedanken gemacht? Allah hat die Himmel und die Erde und das, was zwischen beiden ist, nur in gerechter Weise und für eine bestimmte Frist erschaffen. Doch wahrlich, viele der Menschen glauben nicht an die Begegnung mit ihrem Herrn. (30:8)
30:8 – D.h.: Wenn die Menschen über sich selbst nachdenken würden, dann hätten sie bereits in sich selbst bestimmte Merkmale gefunden, die auf die Allmacht des Schöpfers hinweisen. Im Gegensatz zu Allah (t), Der ewig ist, ist alles Erschaffene begrenzt und Veränderungen und schließlich einem Ende unterworfen. Darin liegt ein Hinweis auf den Untergang, und auch darauf, dass jedem Geschöpf eine Frist gesetzt ist. Das Universum gehört auch zur Schöpfung Allahs und ist ebenfalls begrenzt und vergänglich. (vgl. 15:85 und die Anmerkung dazu).
Sind sie denn nicht im Lande umhergezogen, so dass sie schauen konnten, wie das Ende derer war, die vor ihnen lebten? Jene waren noch mächtiger als sie, und sie bebauten das Land und bevölkerten es mehr, als diese es bevölkert haben. Und ihre Gesandten kamen mit den Beweisen zu ihnen. Und nicht Allah wollte ihnen Unrecht antun, sondern sie selbst fügten sich Unrecht zu. (30:9)
30:9-10 – Dies ist ein Aufruf, um Tourismus in einer bestimmten Art und Weise zu unternehmen und über die vorausgegangenen Völker nachzudenken. Diese waren gewöhnliche Menschen und Geschöpfe wie die Touristen selbst. Ihr Ende in der Vergangenheit beschreibt das Ende ihrer Nachfolger in der Zukunft; denn Allahs Gesetze gelten für alle Menschen zu allen Orten und Zeiten. Derartige Aufforderung war besonders eindrucksvoll für die Araber, die ständig mit ihren Karawanen unterwegs waren, um Handel zwischen dem Süden und dem Norden, sowohl im Winter als auch im Sommer, zu betreiben (vgl. Sura 106). Auf ihren Touren hatten sie stets Gelegenheit gehabt, die Ruinen der Völker ‘Ad und Thamud zu betrachten, deren Untergang oft im Qur’an als Ermahnung erwähnt wird. Die ihnen vorausgegangenen Völker und Generationen waren noch mächtiger als diejenigen, zu denen der Prophet Muhammad, Allahs Segen und Friede auf ihm, gesandt wurde. Auch besaßen sie mehr Reichtümer und zahlreichere Nachkommen als sie.
Böses war dann das Ende derer, die Böses begingen, weil sie die Zeichen Allahs verwarfen und über sie zu spotten pflegten. (30:10)
Siehe 30:9
Allah bringt die Schöpfung hervor; sodann lässt Er sie wiederholen; dann werdet ihr zu Ihm zurückgebracht. (30:11)
30:11 – Allah (t) hat alles vom Beginn erschaffen, bestimmt auch das Ende Seiner Schöpfung, und bringt uns bei der Auferstehung hervor. Er, Der am Anfang alles erschaffen hat, kann also Seine Schöpfung wiederholen.
Und an dem Tage, da die Stunde herankommt, werden die Schuldigen von Verzweiflung überwältigt sein. (30:12)
30:12-16 – “Die Stunde” kommt bestimmt; dies gehört zu den Grundsätzen des Glaubens. Wer die Stunde, die Auferstehung nach dem Tod, die Rechenschaft, die Bestrafung mit dem Höllenfeuer und die Belohnung mit dem Paradies leugnet, gilt als “Nicht-Muslim”. (vgl. dazu den Titel: “Was ist Islam?”, Islamische Bibliothek; ferner 2:39; 7:147; 10:4 und die Anmerkung dazu).
Denn keiner von ihren Partnern wird ihr Fürsprecher sein; und sie werden ihre Partner verleugnen. (30:13)
Siehe 30:12
Und an dem Tage, da die Stunde herankommt, an jenem Tage werden sie voneinander getrennt sein. (30:14)
Siehe 30:12
Was nun die betrifft, die glaubten und gute Werke taten, so werden sie in einem Garten Glück finden. (30:15)
Siehe 30:12
Jene aber, die ungläubig waren und Unsere Zeichen und die Begegnung (mit Uns) im Jenseits leugneten, werden zur Bestrafung vorgeführt. (30:16)
Siehe 30:12
Preis sei denn Allah, wenn ihr den Abend und wenn ihr den Morgen verbringt (30:17)
30:17-19 – Diese Aufforderung gilt sowohl für unseren Propheten Muhammad, Allahs Segen und Friede auf ihm, als auch für alle Muslime. “Preis sei denn Allah” heißt soviel wie: Aus all diesen vorangegangenen Gründen sollen wir Menschen den Erhabenen Schöpfer lobpreisen und rühmen für Seine Allmacht. Wir müssen also Allah verherrlichen. Ihm allein gebührt alles Lob und Dank. Die besonderen Zeiten, zu denen wir an Allah (t) denken sollen, beziehen sich auf das Morgengebet, Mittagsgebet und Nachtgebet, bei denen der Mensch unachtsam sein kann; denn in der Frühe muss man sich zur Arbeit beeilen, während er in der Mittagszeit seinen Hunger stillen und danach seine Mittagsruhe einlegen muss; in der Nacht fühlt sich der Mensch schlapp und neigt zur Nachtruhe. Das Gedenken Allahs zu diesen bestimmten Zeiten erweckt im Menschen die Treue und den Dank zu Dem, Der aus lebloser Materie Leben hervorbringt. (vgl. 2:45-46, 164; 10:31; 11:114; 17:78-79; 20:130 und die Anmerkung dazu).
; denn Ihm gebührt alles Lob in den Himmeln und auf Erden und am Abend und zu eurer Mittagsruhe. (30:18)
Siehe 30:17
Er lässt das Lebendige aus dem Toten und das Tote aus dem Lebendigen hervorgehen; und Er belebt die Erde nach ihrem Tod, und in gleicher Weise sollt ihr wieder hervorgebracht werden. (30:19)
Siehe 30:17
Und unter Seinen Zeichen ist dies, dass Er euch aus Erde erschuf; alsdann, seht, seid ihr Menschen geworden, die sich vermehren. (30:20)
30:20-21 – Wenn Allah (t) den ersten Menschen Adam ohne Vater und Mutter aus einer toten Materie, alsdann seine Gattin aus ihm selbst ohne Mutter erschaffen hat, und schließlich uns Menschen von Vater und Mutter durch natürliche Vermehrung entstehen ließ, dann gibt es dafür keinen Grund, Jesus als “Gott” oder “Sohn Gottes” zu verherrlichen, weil er ohne Vater entstanden ist. Der Leser möchte beim Betrachten des Verses 30:21 darauf achten, dass Allah (t) die “Liebe” zwischen Mann und Frau nicht erwähnt, sondern die zwischen den beiden gesetzte “Zuneigung und Barmherzigkeit”. Der Grund dafür besteht darin, dass die “Liebe” eine Sache des Herzens ist, auf die der Mensch keine Herrschaft hat; somit ist die Liebe nicht beständig im Eheleben. Wenn diese verschwindet, dann bleibt zwischen den beiden “Zuneigung und Barmherzigkeit”. Die Zuneigung geschieht durch das natürliche Verlangen zueinander und ist ein Produkt des Zusammenlebens, insbesondere wenn Kinder vorhanden sind. So erwähnt der Mann stolz seine Frau als “Mutter” seiner Kinder und die Frau spricht stolz von ihrem Mann als “Vater” ihrer Kinder. Die Barmherzigkeit eines Menschen ist ein Produkt des Glaubens an Allah (t) und der Mensch kann diese willkürlich ausüben, auch dann, wenn die Liebe nicht mehr da ist. Demnach ist die Familie, die anfangs durch sexuelle Anziehungskraft entstanden ist, eine soziale Einrichtung geworden, die nicht mehr durch die “Liebe” gegründet, sondern durch “Zuneigung und Barmherzigkeit” für alle Familienmitglieder. Aus diesem Grund hat ‘Umar Ibn Al-Chattab (r) einen Mann, der sich von seiner Frau scheiden lassen wollte, weil er sie nicht mehr liebe, mit den Worten getadelt: ”Wehe dir, ist die Ehe nur durch Liebe gegründet? Sie ist vielmehr durch soziale Bindung und Barmherzigkeit gegründet!“ An dieser Stelle wird jedem scheidungswilligen Muslim und jeder scheidungswilligen Muslime ans Herz gelegt, ihre Angelegenheit nach diesen Maßstäben nachzudenken, bevor sie ihr Familienleben zerstören. (vgl. 3:59; 4:1; 7:189; 17:37; 23:12 und die Anmerkung dazu).
Und unter Seinen Zeichen ist dies, dass Er Gattinnen für euch aus euch selber erschuf, auf dass ihr Frieden bei ihnen finden mögt; und Er hat Zuneigung und Barmherzigkeit zwischen euch gesetzt. Hierin liegen wahrlich Zeichen für ein Volk, das nachdenkt. (30:21)
Siehe 30:20
Und unter Seinen Zeichen sind die Schöpfung der Himmel und der Erde und die Verschiedenheit eurer Sprachen und Farben. Hierin sind wahrlich Zeichen für die Wissenden. (30:22)
30:22 – Die Schöpfung von Himmel und Erde wird im Qur’an oft als Zeichen Allahs erwähnt. Meistens halten wir uns dabei nicht auf, obwohl sie des langen Nachdenkens verdient. Betrachten wir die unzähligen Himmelskörper, Wendekreise und Gestirne, so ist unsere Erde daran gemessen, ein winziger Planet. Die Unterschiede in Sprachen und Hautfarben können unter geographischem oder kulturgeschichtlichem Gesichtspunkt betrachtet werden. Die Menschheit ist aus einem einzigen Elternpaar entstanden (vgl. oben 30:20-21); dennoch hat sie sich überall auf der Erde ausgebreitet und je nach dem Klima verschiedene Hautfarben, aber auch verschiedene Sprachen entwickelt. (ÜB) (vgl. 13:2; 49:13 und die Anmerkung dazu).
30:22 – Auf der ganzen Welt werden heute noch gut 6800 unterschiedliche Sprachen gesprochen. (FAZ Nr. 139 / 03)
Und zu Seinen Zeichen zählt euer Schlafen bei Nacht und euer Trachten nach Seiner Gnadenfülle bei Tage. Hierin sind wahrlich Zeichen für ein Volk, das hört. (30:23)
30:23 – Dieser Vers verbindet die Funktion der Erdrotation vor der Sonne im Universum, die Tag und Nacht verursacht, und zwar mit den Bedürfnissen des Menschen für Schlaf und Regsamkeit. Unser Bedürfnis zu Schlafen macht sich bemerkbar, wenn die Dunkelheit der Nacht herrscht. Dagegen macht uns die Helligkeit des Tageslichts munter und treibt uns zu Regsamkeit, indem wir uns zu einem lebhaften Lebensrhythmus bewegen: Wir gehen zur Arbeit, zur Schule, zu einer Ausbildungsstätte oder zum Markt. Sowohl das Schlafen in der Nacht als auch die Regsamkeit am Tag sind Zeichen der Selbsterhaltung des Menschen, die von Allah (t) bestimmt sind.
Und zu Seinen Zeichen gehört dies, dass Er euch den Blitz zu Furcht und Hoffnung zeigt und Wasser vom Himmel herniedersendet und damit die Erde nach ihrem Tod belebt. Hierin sind wahrlich Zeichen für ein Volk, das begreift. (30:24)
30:24 – Der Blitz erregt im Menschen zwei Gefühle: Einmal das Gefühl der Angst vor dem Blitzschlag, der sich vernichtend auswirkt, und andererseits das Gefühl der Hoffnung auf den Segen, den der Regen, der manchmal dem Blitz folgt, mit sich bringt (ÜB) (vgl. 13:12).
Und unter Seinen Zeichen ist dies, dass Himmel und Erde auf Sein Geheiß hin fest stehen. Alsdann, wenn Er euch mit einem Ruf aus der Erde ruft, seht, dann werdet ihr (daraus) hervorgehen. (30:25)
30:25 – Die Himmelskörper- einschließlich der Erde – schweben im Universum auf Geheiß Allahs in bestimmten Laufbahnen, und legen Zeugnis von Dem ab, Der nicht nur ihr Schöpfer, sondern auch ihr Erhalter ist (vgl. 13:2). Wir Menschen sind Zeugen dafür, dass Himmel und Erde, ohne Tragpfeiler nur optisch fest stehen, obwohl sie sich in Wirklichkeit stets in Bewegung befinden. Wir haben nicht im Geringsten Angst davor, dass der gewaltige Himmel mit all seinem “Inhalt” auf uns stürzen würde. Dem Allmächtigen Schöpfer und Erhalter dieses gewaltigen Werks des Universums ist es nicht schwierig, die Toten wieder zum Leben zu erwecken und eine neue Schöpfung hervorzurufen, genauso, wie Er die die Erde mit dem Wasser nach ihrem Tod belebt.
Und Sein ist, wer in den Himmeln und auf der Erde ist. Alle sind Ihm gehorsam. (30:26)
30:26 – In diesem Vers ist nicht die Rede von “was …” sondern von “wer …”. In diesem Fall handelt es sich nicht um Gegenstände, sondern um Lebewesen, und diese können lediglich Geschöpfe sein, von denen wir Kenntnis haben. Es handelt sich also um Menschen, Engel und Dschinn. Die anderen Wesen, von denen wir durch die göttlichen Botschaften Kenntnis genommen haben, wie z.B. die Jünglinge (vgl. 56:17) und die Frauen des Paradieses (vgl. 44:54; 52:20; 55:72; 56:22) gehören dazu, Wir wissen jedoch nicht, ob sie schon existieren oder in der Zukunft erschaffen werden. Hiermit beschäftigen wir uns mit einem Bereich des Wissens, über den nur das Prophetentum und die offenbarten Schriften Auskunft geben können. Die Wissenschaft wird nie in der Lage sein, konkrete Erkenntnisse über das Verborgene zu liefern. Deshalb brauchen wir Menschen unbedingt die göttliche Rechtleitung, ohne die uns ein wesentlicher Teil unseres Lebens fehlt.
Und Er ist es, Der die Schöpfung hervorbringt, dann wiederholt Er sie, und dies fällt Ihm noch leichter. Und Er Selbst stellt das schönste Gleichnis in den Himmeln und auf Erden dar; und Er ist der Allmächtige, der Allweise. (30:27)
30:27 – Obwohl dieser Satz hier genauso lautet wie oben in 30:11, hat er doch eine allgemeinere Bedeutung, indem er sich nicht nur auf den Menschen und dessen individuelle Auferstehung bezieht, sondern auf die Schöpfung und ständige Neuschöpfung allen Lebens. (ÜB) Beispiele über Allahs Macht, Seine Herrlichkeit und Attribute sind weit über allen Begriffen, mit denen wir sie bezeichnen können. Die menschliche Sprache reicht nicht aus, sie wiederzugeben. Nur durch Gleichnisse können wir uns in unserem gegenwärtigen Zustand eine Vorstellung davon machen, die aber auch dann noch nicht die Realität wirklich wiedergeben kann (vgl. 24:35 und die Anmerkung dazu); denn Allah (t) ist herrlicher und weiser als wir uns vorstellen können. Er ist mächtig, deswegen ist es leicht für Ihn, Tote wieder zum Leben zu erwecken. (ÜB) (vgl. 10:4; 16:58-60 und die Anmerkung dazu).
Er prägt euch ein Gleichnis aus eurer eigenen Lage. Habt ihr unter denen, die ihr von Rechts wegen (als Sklaven) besitzt, Teilhaber an dem, was Wir euch beschert haben? Seid ihr (ihnen) darin also gleichgestellt und fürchtet ihr sie etwa, wie ihr einander fürchtet? So machen Wir die Zeichen klar für ein Volk, das begreift. (30:28)
30:28-29 – Allah (t) prägt uns Gleichnisse in unserer Sprache, damit wir mit unserem unzulänglichen Verstand Seine Offenbarung verstehen können (vgl. 24:35 und die Anmerkung dazu). Das hier aufgeführte Gleichnis soll uns den Unsinn des Götzendienstes vor Augen führen. Allah (t) steht weit höher über Seiner Schöpfung als auch das höchste Seiner Geschöpfe über irgendeinem Mitgeschöpf. Würde dennoch beispielsweise ein Mensch sein Eigentum auf gleicher Basis mit seinen Untergebenen teilen? Wie können Menschen dann Allahs Geschöpfe zu einem gottgleichen Status erheben und verehren? Weder seid ihr und eure Sklaven gleich in der Verfügungsgewalt über eurem Besitz, noch fürchtet ihr sie in gleicher Weise, wie ihr gleichgestelltes Freigeborenes fürchtet. Die Ungerechten, die vorsichtlich Allahs Rechtleitung ablehnen, haben sich selbst aus der Reichweite der göttlichen Barmherzigkeit hinausbegeben. (ÜB) In diesem Fall müssen sie die Folgen tragen. (vgl. 2:7; 6:55; 7:32; 14:4; 16:75-76 und die Anmerkung dazu).
Doch die Ungerechten folgen ohne Wissen ihren persönlichen Neigungen. Und wer kann den leiten, den Allah zum Irrenden erklärt? Für solche wird es keine Helfer geben. (30:29)
Siehe 30:28
So richte dein Antlitz in aufrichtiger Weise auf den Glauben; (dies entspricht) der natürlichen Veranlagung, mit der Allah die Menschen erschaffen hat. Es gibt keine Veränderung an Allahs Schöpfung. Das ist der beständige Glaube. Allein die meisten Menschen wissen es nicht. (30:30)
30:30 – Dies ist ein zeitloser Vers, der für alle Menschen zu allen Orten und Zeiten Gültigkeit hat. Er stellt zugleich eine Aufforderung zum Islam und eine Unterlassung der Gleichgültigkeit, die die Menschheit bald zugrunde richten würde. Alle Werte und Normen sollten durch den Islam bestimmt sein, und das Verhalten sollte nach den Geboten Allah erfolgen. Die natürliche Veranlagung im Menschen stellt die Fähigkeit dar, die Einheit unseres Schöpfers durch eine intuitiv erfassbare Wahrheit zu erkennen (vgl. 7:172). Unser Prophet (a.s.s.) hat gesagt: ”Jedes Kind wird mit einer natürlichen Veranlagung geboren; erst seine Eltern machen es später zum Juden, Christen oder Magier.“ Diese drei Religionsformen waren den Zeitgenossen des Propheten am besten bekannt und werden deshalb hier der “natürlichen Veranlagung” gegenübergestellt, die in der instinktiven Gotteserkenntnis des Menschen und seiner Hingabe an Ihn (Islam) besteht. (vgl. 2:135; 9:36; 12:39-40 und die Anmerkung dazu).
Wendet euch zu Ihm und fürchtet Ihn und verrichtet das Gebet und seid nicht unter den Götzendienern. (30:31)
30:31 – Das Gebot, regelmäßig zu beten, kam in Makka, als eine Handvoll von Muslimen schwer verfolgt wurde. Es gab keinerlei Anzeichen dafür, dass jemals eine islamische Gesellschaft oder gar Regierung entstehen könnte. Dies widerspricht der verbreiteten falschen Ansicht mancher Gruppen und Sekten (s. unten die Anmerkung zu 30:32), das Gebet sei nur in einem islamischen Staat eine Pflicht für die Muslime. (ÜB)
Unter denen, die ihren Glauben gespalten haben und zu Parteien geworden sind – jede Partei freut sich über das, was sie selbst hat. (30:32)
30:32 – Als Argument vor Allah genügt es nicht, dass man Muslim nach der “natürlichen Veranlagung” geblieben oder geworden ist (vgl. oben 30:30 und die Anmerkung dazu); denn Allah tadelt hier diejenigen Muslime, die sich in Gruppen und Sekten von der Gemeinschaft der Muslime abgesondert und ihren Glauben gespalten haben. Denn auf dieser Art und Weise sind alle Religionen und Konfessionen in der ganzen Welt entstanden, indem verschiedene Völker selbstgebastelte Glaubensvorstellungen nach dem “Do it yourself-Verfahren” beimengten und allmählich die ursprüngliche göttliche Lehre aufgaben. Hier an dieser Stelle liegt eine besondere Ermahnung an die Deutschen vor, die sich zum Islam bekehren: Der einzige Weg, wahre Rechtleitung zu erlangen, besteht nunmehr in der Befolgung dieses Buches, des Qur’an und der Sunna des Letzten aller Propheten, Muhammad, Allahs Segen und Friede auf ihm. (vgl. dazu 39:12; ferner 6:159; 21:92-93; 23:52-53 und die Anmerkung dazu).
Und wenn die Menschen ein Schaden trifft, dann rufen sie ihren Herrn an und wenden sich reumütig zu Ihm; hernach aber, wenn Er sie dann von Seiner Barmherzigkeit kosten lässt, siehe, dann stellen einige von ihnen ihrem Herrn Götter zur Seite (30:33)
30:33 – Armut, Krankheit, Naturkatastrophen u.ä. sind die deutlichsten Beispiele für die Zufluchtnahme zu Allah vor der Hilflosigkeit. Erhört Er das Bittgebet und nimmt das Übel weg, so entpuppt sich manchmal der leidende Anrufer als ein undankbares Wesen und verehrt andere Götter neben Allah, und zwar mit der Behauptung, das Unglück sei durch Vermittlung der Götzen beseitigt worden. (vgl. 4:79; 28: 82; 35:40 und die Anmerkung dazu).
und verleugnen somit das, was Wir ihnen gegeben haben. Ergötzt euch denn (eine Weile), bald jedoch werdet ihr es wissen. (30:34)
30:34 – D.h.: Ergötzt euch denn eine Weile, ihr Undankbaren! Denn ihr werdet es bald bereuen, wenn ihr wieder in der Not seid und euer Ruf nicht mehr erhört wird. Diese Drohung ergeht sowohl an solche Götzendiener in Makka, die sich der Botschaft des Propheten Muhammad, Allahs Segen und Friede auf ihm, entgegenstellten, als auch an jeden Menschen zu allen Orten und Zeiten, der sich genauso undankbar verhält (vgl. 16:54; ferner10:12 und die Anmerkung dazu).
Haben Wir ihnen etwa eine Ermächtigung niedergesandt, die für das spräche, was sie Ihm zur Seite stellen? (30:35)
30:35 – Die Offenbarung und das Prophetentum sind der einzige Maßstab für die Rechtfertigung des menschlichen Verhaltens. (vgl. 4:79; 28: 82; 35:40 und die Anmerkung dazu).
Und wenn Wir die Menschen Barmherzigkeit kosten lassen, freuen sie sich darüber; doch wenn sie ein Übel um dessentwillen trifft, was ihre eigenen Hände vorausgeschickt haben, siehe, dann verzweifeln sie. (30:36)
30:36 – Hier liegt die Bestätigung dafür, dass Allah (t) uns aus Barmherzigkeit beisteht und der Mensch selbst ist allein für das Übel verantwortlich, das er durch seine Undankbarkeit und sein Fehlverhalten, also durch seine Hände, vorausgeschickt hat (vgl. dazu oben 30:33).
Haben sie denn nicht gesehen, dass Allah dem, dem Er will, die Mittel zum Unterhalt erweitert und beschränkt? Hierin sind wahrlich Zeichen für Leute, die glauben. (30:37)
30:37 – Dass Allah (t) dem einen gewisse Gaben schenkt und dem anderen vorenthält ist in sich ein Zeichen für Menschen, die glauben und dem Willen Allahs ergeben sind. (vgl. 4:79; 28: 82; 35:40 und die Anmerkung dazu).
So gib dem Verwandten, was ihm zusteht, wie auch dem Bedürftigen und dem Sohn des Weges. Das ist das Beste für die, die nach Allahs Antlitz verlangen, und sie sind die Erfolgreichen. (30:38)
30:38 – Dieses “So …” am Anfang des Verses in Verbindung mit den Worten des vorangegangenen Verses 30:37 (s. die Anmerkung dazu) erklärt uns zum Teil den Sinn, warum Allah (t) die Mittel zum Unterhalt erweitert und beschränkt. Er erweitert die Mittel und erklärt zugleich, dass darin – im Vermögen – ein Teil dem Verwandten, dem Bedürftigen und dem Reisenden (Sohn des Weges) zusteht. Es handelt sich also nicht um eine freiwillige milde Gabe aus persönlicher Güte, die man gibt und vorenthält, wie man will, sondern um ein verbrieftes Recht für bestimmte Kategorien im Qur’an (vgl. 17:26). Allah (t) beschränkt auch die Mittel und erklärt zugleich, dass darin – im Vermögen der Reichen – ein Teil für euch, ihr Minderbemittelten, zusteht. Auf dieser Grundlage wird ein göttliches Gebot des Gebens und Nehmens gegründet und das soziale Gleichgewicht unter Menschen geregelt.
Und was immer ihr auf Zinsen verleiht, damit es sich mit dem Gut der Menschen vermehre, es vermehrt sich nicht vor Allah; doch was ihr an Zakah entrichtet, indem ihr nach Allahs Antlitz verlangt – sie sind es, die vielfache Mehrung empfangen werden. (30:39)
30:39 – Dieser Vers entspricht genau dem Sinn von Allahs Wort in 2:276. Gemeint ist: damit es in ihrem Vermögen zunehme und anwachse. Was ihr so gebt wächst bei Allah nicht an, und Er segnet es nicht. Wenn ihr aber Almosen gebt: das heißt freiwillige Spenden (Sadaqa), indem ihr nur Allahs Antlitz sucht und weder nach Entgelt noch Augendienerei noch gutem Ruf strebt. Man sagt, dass dieser Vers wegen der Angehörigen des Stammes Thaqif herabgekommen sei und dass diese Zinsgeschäfte betrieben hätten. (Zam, Gät)
Allah ist es, Der euch erschaffen hat, und dann hat Er euch versorgt; dann wird Er euch sterben lassen, und dann wird Er euch wieder lebendig machen. Ist etwa unter euren Göttern einer, der davon etwas vollbringen könnte? Gepriesen sei Er und Hocherhaben über das, was sie anbeten! (30:40)
30:40 – Allah (t), Der Erschaffer, lässt den Menschen nackt, hilflos und mittellos aus dem Mutterleib hervorkommen. Dann aber lässt Er ihm Nahrung, Kleider und Vermögen zukommen. Er hat auf der Erde alles für seine Versorgung. Die Frage “Ist etwa unter euren Göttern einer, der davon etwas vollbringen könnte?” hat die Form des Tadels. (vgl. 6:22; 10:18 und die Anmerkung dazu).
Unheil ist auf dem Festland und auf dem Meer sichtbar geworden um dessentwillen, was die Hände der Menschen gewirkt haben, auf dass Er sie die (Früchte) so mancher ihrer Handlungen kosten lasse, damit sie sich besännen. (30:41)
30:41-42 – Allah (t) hat die Erde erschaffen und sie sehr schön, rein und gut für das Menschenleben gemacht. Nun sehen wir das Unheil, das unsere Hände gewirkt haben. Es ist ein allumfassendes Unheil, sowohl auf dem Festland, als auch auf dem Meer. Das erste und größte Unheil auf Erden geschah durch den ersten Mordfall des eigenen Bruders (vgl. 5:27f.), durch die Verleugnung des Schöpfers und durch die Vielgötterei. Dieser Vers bezieht sich nicht nur auf die Vergangenheit, sondern auf alle Unheilsformen zu allen Orten und Zeiten. Wir erleben schon in unserer Zeit die fatalen Folgen der Zerstörung unserer Umwelt, dass die Gifte aus dem Festland ins Meer gelangen und alle Lebewesen im Wasser vernichten. Es gibt schon zahlreiche Süßwassergewässer, von denen die Menschen ihr Trinkwasser nicht nehmen dürfen, weil alles verseucht ist. Das Unheil durch unsere Hände wird immer mehr in vernichtender Weise so verursacht, dass man glaubt, der Mensch selbst sorge für den Weltuntergang. Grund des Unheils ist die “Nichtbefolgung” der Religion und der darin enthaltenen Gebote zur Bewahrung der Umwelt und des menschlichen Lebens. Um überzeugt zu sein brauchen wir nur, auf Erden herumzuwandern und zu schauen, wie das Schicksal der Früheren aussieht.
Sprich: ”Wandert auf Erden umher und seht, wie das Ende derer zuvor war! Die meisten von ihnen waren Götzendiener.“ (30:42)
Siehe 30:41
Richte also dein Antlitz auf den beständigen Glauben, bevor der Tag kommt, an dem es gegen Allah keine Wehr gibt. An jenem Tage werden sie auseinander brechen. (30:43)
30:43-45 – Diese Aufforderung ergeht an jeden, um sich Allah eilends in Gehorsam zu ergeben und gute Werke zu verrichten (vgl. 3:19; 30:30). Nur Umkehr und Wiedergutmachung können die Folgen des Bösen abwenden.
Wenn jemand ungläubig ist, so lastet auf ihm sein Unglaube! Und der, der Rechtes tut, bereitet es für sich selbst vor (30:44)
Siehe 30:43
, auf dass Er aus Seiner Gnadenfülle diejenigen belohnen möge, die glauben und das Rechte tun. Wahrlich, Er liebt die Ungläubigen nicht. (30:45)
Siehe 30:43
Und zu Seinen Zeichen gehört dies, dass Er die Winde mit frohen Botschaften entsendet, auf dass Er euch von Seiner Barmherzigkeit kosten lasse, und dass die Schiffe auf Sein Geheiß hin fahren, und auf dass ihr nach Seiner Huld trachtet und auf dass ihr dankbar sein mögt. (30:46)
30:46 – In alten Zeiten war die Seefahrt vom Wind völlig abhängig, und widrige Winde waren verheerend für die Seefahrt. In unserer Zeit werden manche Motorschiffe mit Segeln für den Notfall ausgerüstet, dass das Schiff bei Motorschaden seine Fahrt mit Segeln fortsetzen kann. Die Winde sind nach wie vor ein Segen für die Menschheit, die Allah (t) aus Barmherzigkeit für uns dienstbar gemacht hat: sie tragen Vögel, Flugzeuge und Keime zur Befruchtung der Pflanzen, sind Vorboten des Regens, treiben die Segelschiffe auf dem Meer, um Meerestiere zu fangen, Menschen zu befördern und um Handelswaren zu transportieren. (vgl. 7:57; 25:48 und die Anmerkung dazu).
Und wahrlich, Wir schickten schon Gesandte vor dir zu ihren eigenen Leuten. Sie brachten ihnen klare Beweise. Dann bestraften Wir die Schuldigen; und es oblag Uns, den Gläubigen zu helfen. (30:47)
30:47 – Damit ist unser Prophet (a.s.s.) angesprochen, als Trost für die Ablehnung durch die Mehrheit seines Volkes. (vgl. 10:74 und die Anmerkung dazu).
Allah ist es, Der die Winde entsendet, so dass sie Wolken zusammentreiben. Dann breitet Er sie am Himmel aus, wie Er will, und häuft sie Schicht auf Schicht auf; und du siehst den Regen aus ihrer Mitte hervorbrechen. Und wenn Er ihn auf die von Seinen Dienern, die Er will, fallen lässt, siehe, dann ahnen sie Gutes (30:48)
30:48-50 – Hier wird der Text in 30:46 über die Funktion der Winde fortgesetzt. Nach der Wirkung der Winde folgt nun das Gleichnis von der toten Erde, die Allah wieder belebt und genauso geschieht die Wiederbelebung des Menschen.
, obwohl sie zuvor, ehe er auf sie nieder gesandt wurde, hoffnungslos waren. (30:49)
Siehe 30:48
So schau auf die Spuren von Allahs Barmherzigkeit, wie Er die Erde nach ihrem Tode belebt. Wahrlich, Derselbe wird auch die Toten erwecken; denn Er hat Macht über alle Dinge. (30:50)
Siehe 30:48
Und wenn Wir einen (heißen) Wind entsendeten und sie sie (die Ernte) vergilbt sähen, so würden sie gewiss danach undankbar sein. (30:51)
30:51 – Wir haben gesehen, wie die Winde diejenigen erfreuten, die von ihnen Nutzen ziehen (vgl. oben 30:46). Aber unter bestimmten Umständen können Winde zerstörerisch wirken. (vgl. 11:9 und die Anmerkung dazu).
Weder kannst du die Toten hörend machen, noch kannst du die Tauben den Ruf hören lassen, wenn sie (Allah) den Rücken kehren (30:52)
30:52-53 – Wir Menschen, gläubige wie ungläubige nehmen die Schöpfung durch unsere Sinnesorgane wahr. Während der Qur’an das “gelesene Buch” ist, ist die Schöpfung das “gesehene Bilderbuch”. Beide sind Zeugnisse für einen Allmächtigen Gott. Es gibt blinde und taube Menschen, die trotz ihrer Behinderung an Allah glauben, und es gibt sehende und hörende Menschen, die Ihn ablehnen. Die wahren Blinden und Tauben in diesem Fall sind die sehenden und hörenden Ungläubigen und Götzendiener, die sich von den Zeichen Allahs nicht rechtleiten lassen wollen. Es ist nicht Aufgabe eines Propheten, diese sehenden Blinden und hörenden Tauben mit Gewalt gegen ihren Willen auf den rechten Weg zu führen. (vgl. 27:80-81 und die Anmerkung dazu).
, noch wirst du die Blinden aus ihrem Irrweg leiten können. Nur diejenigen wirst du hörend machen, die an Unsere Zeichen glauben und sich (Uns) ergeben. (30:53)
Siehe 30:52
Allah ist es, Der euch in Schwäche erschaffen hat, und nach der Schwäche gab Er (euch) Stärke. Dann wiederum, nach der Stärke, gab Er (euch) Schwäche und graues Haar. Er schafft, was Er will. Und Er ist der Allwissende, der Allmächtige. (30:54)
30:54 – Zusätzlich zur Beschreibung der Menschenlage in 30:40 (vgl. die Anmerkung dazu) erwähnt Allah (t) hier noch eine von Ihm im Menschen erschaffene Eigenschaft, die wir auf keinen Fall verneinen können, nämlich die Schwäche, die den Menschen im Zustand der Hilflosigkeit ab seiner Geburt bis zum Greisenalter begleitet. Die dem Menschen vorübergehend verliehene Stärke ist nur relativ und von kurzer Dauer. In welcher Form auch immer ist sie keine absolute Macht, sondern knapp bemessen, unabänderlich und vergänglich. Aus dieser Tatsache allein dürfen wir “schwache” Menschen, uns von dem Allmächtigen und unvergänglichen Schöpfer nicht lösen. Wir nehmen unsere Zuflucht zu Ihm vor unserer “Schwäche” und bitten um Seinen Schutz für uns in allen Lebensphasen.
Und an dem Tage, wo die Stunde herankommt, werden die Schuldigen schwören, dass sie nicht länger als eine Stunde (auf Erden) weilten – so sehr sind sie an (Selbst-)Täuschung gewöhnt. (30:55)
30:55 – Dieser Einschub ist hier impliziert und bildet die Überleitung von dem vorigen Abschnitt zu diesem, sowie auch die Verbindung zu den Versen 11-16 und 27 oben. So wird der Jüngste Tag genannt, entweder, weil er sich in der letzten “Stunde” des irdischen Lebens ereignen wird, oder weil er so plötzlich eintritt. Selbst wenn seit ihrem Tode Jahrtausende vergangen sind, schwören sie, sie hätten nur ein paar Stunden geschlafen. Dieser Schwur könnte sich beziehen auf die Zeit ihres Verbleibs in den Gräbern oder aber auf ihr Verweilen im Allgemeinen auf Erden, als Lebende und Tote. Auch in ihrem irdischen Leben hatten sie auf diese Weise ihre Situation falsch eingeschätzt und infolgedessen die Realität nicht wahrgenommen und die Auferstehung und ihre Verantwortlichkeit vor Allah (t) geleugnet. In diesem Zusammenhang wird die Relativität dieser Vorstellung hervorgehoben, d.h. die Kürze unserer Lebensspanne verglichen mit dem zukünftigen Leben (ÜB) (vgl. 10:45; 17:52).
Doch die, denen Kenntnis und Glauben verliehen wurden, sagen: ”Ihr habt wahrlich gemäß dem Buch Allahs bis zum Tage der Auferstehung geweilt. Und das ist der Tag der Auferstehung, allein ihr wolltet es nicht wissen.“ (30:56)
30:56 – Die richtige Einschätzung und die korrekte Antwort darauf kommt von den Gläubigen, die an die Auferstehung und die “Stunde” glaubten. Denn sie sind es, die das wahre Wissen und den aufrichtigen Glauben haben.
So werden denn an jenem Tage den Ungerechten ihre Ausreden nichts fruchten, noch werden sie Gunst finden. (30:57)
30:57 – Wer absichtlich die Warnungen in Allahs Botschaft in den Wind geschlagen hat, dem nützt es jetzt nichts, sich mit Unwissenheit herauszureden. Eine solche Entschuldigung ist falsch, und es wäre unvernünftig anzunehmen, dass sie dadurch eine neue Gelegenheit zur Umkehr erlangen könnten. (ÜB)
Und wahrlich, Wir haben den Menschen in diesem Qur’an allerlei Gleichnisse geprägt; aber wenn du ihnen ein Zeichen bringst, dann werden jene, die ungläubig sind, sicher sagen: ”Ihr bringt nur Unsinn vor.“ (30:58)
30:58-60 – Hier endet diese eindrucksvolle Sura mit einer Erinnerung an eine traurige Bilanz: Der Qur’an beinhaltet zwar viele allumfassende Beispiele und Gleichnisse, durch die das Gewissen und der Verstand des Menschen gerührt werden müssen (vgl. 39:27). Es ist aber zu bedauern, dass manche Menschen nicht darauf positiv und gebührend reagieren – manchmal aus Gleichgültigkeit oder aus Nachlässigkeit. Unser Prophet (a.s.s.) ist hier angesprochen und zur Geduld bzw. Ausdauer ermahnt. So endet diese Sura, die mit dem Versprechen in 30:2 anfing, dass die Byzantiner und mit ihnen die Muslime den Sieg in einigen Jahren davon tragen würden, mit der Aufforderung zur Geduld, bis eben diese Verheißung Allahs eintrifft. Dadurch liegt der Beweis der Richtigkeit der Botschaft, die von dem Kenner des Verborgenen kommt. (vgl. 2:7 und die Anmerkung dazu).
Und so versiegelt Allah die Herzen derer, die unwissend sind. (30:59)
Siehe 30:58
So sei geduldig. Wahrlich, das Versprechen Allahs ist wahr. Und lass dich nicht von jenen ins Wanken bringen, die keine Gewissheit haben. (30:60)
Siehe 30:58