Boykotturkunde

Umar war zum Islam übergetreten und stand nunmehr zusammen mit Hamza auf Seiten des Propheten (s.) und seiner Gefährten; unter den Stämmen begann sich der Islam weiter auszubreiten.

Als die Quraisch dies alles sahen, berieten sie darüber, eine Urkunde zu verfassen, in der gegen die Banu Haschim und Banu Abdulmuttalib die folgenden Boykottmaßnahmen festgelegt werden sollten: “Es dürfen keine Ehen mehr mit Angehörigen dieser beiden Sippen geschlossen werden, und es darf nichts mehr an sie verkauft und nichts mehr von ihnen gekauft werden.”

Nachdem sie sich darauf geeinigt hatten, schrieben sie die Bedingungen auf ein Blatt und gaben sich das Versprechen, diese einzuhalten. Das Blatt hängten sie in der Mitte der Al-Kaba auf, damit es sie immer wieder an ihre Verpflichtung ermahne.

Der Schreiber der Urkunde war Mansur Ibn Ikrima. Der Prophet (s.) verwünschte ihn bei Allah, worauf einige seiner Finger gelähmt wurden. Als die Quraisch diesen Boykott verhängten, gingen die Banu Haschim und die Banu Abdulmuttalib alle zu Abu Talib, schlossen sich seiner Gruppe an und sammelten sich um ihn.

Nur Abu Lahab aus der Sippe Banu Haschim trennte sich von ihnen und half den Quraisch. Die Banu Haschim und die Banu Abdulmuttalib lebten in jenem schluchtartigen Viertel von Makka, das die Quraisch ihnen in der Boykotturkunde zugewiesen hatten. Schließlich betrieben aber doch einige der Quraisch die Aufhebung der Boykotturkunde, die sie gegen die beiden Sippen verfasst hatten. Keiner erwies sich dabei so entschlossen wie Hischam Ibn Amr, der durch seine Mutter mit den Banu Haschim verwandt war und ein enges Verhältnis zu ihnen hatte.

Er genoss hohes Ansehen in seinem Volk und pflegte des Nachts, wenn sich die Banu Haschim und Banu Abdulmuttalib in ihrem Viertel befanden, mit seinem Kamel, das er einmal mit Nahrungsmitteln, ein anderes Mal mit Kleidung beladen hatte, bis zum Eingang der Schlucht zu ziehen.

Dort nahm er dem Tier das Halfter vom Kopf und versetzte ihm einen Hieb in die Seite, so dass es in die Schlucht lief. Schließlich begab er sich zu Zuhair Ibn Abi Umayya, aus der Sippe Banu Machzum, dessen Mutter Atiqa eine Tante des Propheten (s.) war, und sprach zu ihm: Zuhair, wie kannst du noch zufrieden essen, dich kleiden und heiraten, während man den Verwandten deiner Mutter weder etwas verkauft noch etwas von ihnen kauft und ihre Männer keine Frauen und ihre Frauen keine Männer mehr zur Ehe bekommen. Ich schwöre dir bei Allah, wenn es um die Verwandten des Abul-Hakam ginge und du ihn um einen solchen Boykott gebeten hättest, hätte er deiner Bitte niemals entsprochen.

Weh dir, Hischam, entgegnete ihm Zuhair, was kann ich schon tun. Ich bin allein. Wenn ich noch jemanden zur Seite hätte, würde ich mich so lange für die Aufhebung des Boykotts einsetzen, bis er aufgehoben wird. Du hast doch schon einen zweiten Mann gefunden! Wen denn? Mich! So suche einen Dritten!

Da ging Hischam zu Mutim Ibn Adyy, und sprach: Mutim! Kannst du, nur um den Quraisch zuzustimmen, zufrieden mitansehen, wie zwei Sippen aus der Nachkommenschaft des Abdmanaf zugrunde gehen! Wenn ihr sie mit diesen beiden Familien so etwas tun Lasst, wirst du wahrlich bald erleben, wie sie mit euch das gleiche machen. Was kann ich allein schon tun!, antwortete ihm auch Mutim, und Hischam entgegnete: Ich habe schon einen zweiten! Wen? Mich selbst. So suche einen dritten! Das habe ich schon getan. Wer ist es? Zuhair Ibn Abi Umayya. So suche einen vierten! Darauf begab sich Hischam noch zu Abul-Bachtariyy und zu Zumaa Ibn Aswad, wobei ähnliche Worte gewechselt wurden.

Diese fünf Männer verabredeten dann ein nächtliches Treffen auf der Höhe von Hadschun oberhalb Makkas. Sie kamen dort zusammen und beschlossen, gemeinsam die Aufhebung des Boykotts zu betreiben und durchzusetzen. Zuhair verlangte noch, als erster sprechen zu dürfen. Am nächsten Morgen, als die Quraisch zu ihren Versammlungen gingen, kam er in einem feierlichen Gewand, umschritt siebenmal die Al-Kaba, trat dann zu den Versammelten und sprach: Ihr Leute von Makka! Können wir noch essen und uns kleiden, während die Banu Haschim dem Untergang geweiht sind, da sie nichts verkaufen und nichts kaufen können.

Wahrlich, ich werde mich nicht setzen, solange diese ungerechte Boykotturkunde nicht zerrissen worden ist!

Lügner! rief Abu Dschahl, der an der Seite der Al-Kaba saß, sie wird nicht zerrissen! Du bist ein noch größerer Lügner, griff Zumaa in den Streit ein, wir waren damals nicht damit einverstanden, dass die Urkunde geschrieben wurde. Und Abul-Bachtariyy unterstützte ihn mit den Worten: Zumaa hat Recht, wir waren damals nicht damit einverstanden!

Und Mutim fügte hinzu: Ihr beiden habt die Wahrheit gesagt, und jeder, der etwas anderes behauptet, ist ein Lügner. Wir sind vor Allah unschuldig an der Urkunde und ihrem Inhalt! Nachdem schließlich auch Hischam noch entsprechende Worte geäußert hatte, sprach Abu Dschahl: Das ist des Nachts irgendwo ausgeheckt und nicht hier beraten worden!

Abu Talib saß währenddessen neben der Al-Kaba. Mutim aber ging zu dem Dokument, um es zu zerreißen, doch die Würmer hatten es schon fast völlig aufgefressen, und nur noch die Worte: “In deinem Namen, o Allah! ” waren erhalten geblieben. (Rtt)

(—-> Bilal Ibn Rabah, Verfolgungskampagne, Verkündung der Botschaft)